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Emile Coué - Leben und Werk


1857
 Emile Coué wird am 26. Februar in einem kleinbürgerlichen Milieu in Troyes geboren, wo sein Vater als einfacher Eisenbahner arbeitet. Emile besucht das freie Gymnasium. Während dieser Zeit wird sein Vater nach Montmédy versetzt, und Emile erarbeitet sich den Stoff zur Reifeprüfung alleine. Sein Lehrer bemerkt seinen selbständigen Lernfleiss und sagt zu ihm: "Emile, du wirst es in deinem Leben weit bringen." Dies ist eine mächtige positive Suggestion, wie Emile erst viele Jahre später realisiert.

1875 Im Alter von 18 Jahren besteht er die Reifeprüfung in den philosophischen Fächern und im Oktober auch in den wissenschaftlichen. Jetzt möchte er gerne Chemie in Paris studieren, aber seine Eltern verfügen nicht über ausreichend Geld. In dieser Zeit trifft er auf einen Apotheker, der bereit ist, Emile als Praktikanten anzunehmen. Die Entscheidung, diese Möglichkeit anzunehmen, fällt Coué schwer. Er absolviert zunächst den fälligen einjährigen Militärdienst, bevor er sich bereit erklärt, die Stelle in der Apotheke anzunehmen.

Bald erkennt der Besitzer der Apotheke Emiles immense Arbeitswilligkeit und entlässt innerhalb kurzer Zeit zwei seiner Mitarbeiter, ohne sie zu ersetzen. Emile übernimmt die gesamte Arbeit alleine. Nach drei Jahren hat er das praktische Wissen in sich aufgenommen und erhält schliesslich die Möglichkeit, sich in Paris das theoretische Wissen anzueignen.

1882 Mit 25 Jahren erlangt er das Diplom als Apotheker. Ein anderer Apotheker in Troyes akzeptiert ihn als seinen Nachfolger. Emile beginnt nun, seine Kundschaft genau zu studieren, und erkennt, wie wichtig Zuspruch und Bestärkung für die Gesundheit der Menschen sind. Immer mehr Menschen suchen seine Apotheke auf. In dieser Zeit lernt er auch seine zukünftige Frau Lucie Lemoine aus Nancy kennen, die Troyes besucht, um Verwandte zu besuchen.

1884 Am 30. August heiraten Lucie Lemoine und Emile Coué in Nancy. Lucies Vater, Victor Lemoine, ist ein berühmter "horticulteur" (Pflanzenzüchter), der viele neue Kreationen auf den Markt brachte und bis nach England bekannt war. Victor gründete im Jahr 1850 im Alter von 27 Jahren seine Versuchsgärtnerei und experimentierte intensiv mit Pflanzenkreuzungen. Als Emile Lucie heiratete, war ihr Schwiegervater bereits 61 Jahre alt, doch er verstand sich auf Anhieb mit Emile, denn sie teilten ähnliche Charaktereigenschaften: Geduld, Einfachheit, Aufrichtigkeit, Hingabe an die Arbeit, die Gabe der Beobachtung und Pragmatismus.

Zwischendurch ist es erwähnenswert, dass die Wiederentdeckung des Placebos durch die Verabreichung von destilliertem aromatisiertem Wasser als Tropfen an hilfesuchende Kunden stattfand. Die Idee des Placebos wurde erstmals im Jahr 1811 im medizinischen Dictionnaire Hopper erwähnt, mit der Definition: "Verabreichtes Medikament, mehr um dem Patienten zu gefallen als wirklich nützlich." Jean Corvisar, der Arzt von Napoléon I, experimentierte erfolgreich mit dem sogenannten Aqua Fontis im Schloss Fontainebleau, bis eines Tages ein Priester, der die lateinische Sprache beherrschte, die Sache platzen ließ.

Das Thema der Suggestion begann in dieser Zeit ebenfalls in der Luft zu liegen. Professor Hippolyte Bernheim veröffentlichte eine Abhandlung über die Suggestion und ihre therapeutische Anwendung. In dieser Abhandlung beschrieb er den bemerkenswerten Landarzt Auguste Liébeault, der aufsehenerregende Heilungen durch Hypnose erzielte. Emile Coué las dieses Buch in einem Zug und war von den darin beschriebenen Methoden fasziniert.

1885 begibt sich Coué zu diesem mittlerweile 62-jährigen Dr. Liébeault, wo er auch Professor Bernheim persönlich kennenlernt. Dies markiert den Beginn der sogenannten "Neuen Schule von Nancy", die sich von der "Alten Schule von Paris" (Salpêtrière unter der Leitung von Professor Charcot) abgrenzte. Ein wesentlicher Unterschied lag in der Anwendung von Hypnose bei geistig neurotisch Gestörten im Vergleich zu geistig Gesunden.

1889 kommt auch Sigmund Freud nach Paris und Nancy und übersetzt Bernheims Schrift ins Deutsche. Coué assistiert Liébeault und studiert seine Methode genau. In seiner Apotheke in Troyes setzt er sofort alles in die Tat um, was ihm immer mehr Patienten zutreibt. Er beginnt mit der Fabrikation von selbst hergestellten Placebo-Kügelchen. Diese gibt er mit positiven Suggestionen den Ratsuchenden ab, die ihn bitten, etwas zu verschreiben, damit sie sich besser fühlen. Diese Suggestionen, die ohne Hypnose und bei vollem Bewusstsein abgegeben werden, bewirken Erstaunliches.

1893 stirbt Professor Charcot, 1904 Dr. Liebeault und 1919 Professor Bernheim.

Aus Amerika kommen laufend Neuigkeiten betreffend positivem Denken und Glauben. Hier erwähnt seien die Christian Science von Mary Baker Eddy, The New Thought von Phineas Quimby, die großen amerikanischen Verfechter des rechten Denkens wie Prentice Mulford, Ralph Waldo Trine, Orison Swett Marden, Emerson und andere.

1890 Der 33-jährige Coué lernt Englisch und liest alles, was er darüber finden kann. Er lernt auch Deutsch und versteht am Ende seines Lebens auch Italienisch, Spanisch und sogar etwas Norwegisch.

Neue Horizonte eröffnen sich ihm, und seine Erkenntnisse über Wille und Vorstellung nehmen Konturen an. In einem Buch liest er über den Hand-Falte Versuch, der ihm die Augen öffnet, was die Aussagen seiner Patienten betrifft, wie zum Beispiel "Ich will schlafen, aber ich kann nicht".

1896 übergibt er seine Apotheke einem Geschäftsführer und widmet sich nun im Alter von 39 Jahren ganz seinen Studien zu Wille und Vorstellung, die er beginnt auszuarbeiten.

1901 muss er die Leitung seiner Apotheke wieder selbst übernehmen, da die Kundschaft zurückging. Dies ändert sich jedoch wieder, sobald Coué hinter dem Ladentisch steht.

1903 hält er seinen ersten Vortrag über Hypnotismus.

1907 erstellt Emile Coué die vier Axiome seiner Methode und verändert sie praktisch nicht mehr:

  1. Nicht der Wille ist die leitende Kraft im Menschen, sondern die Vorstellung.
  2. Sind Wille und Vorstellung nicht gleichgerichtet, siegt immer und ausnahmslos die Vorstellung.
  3. Sind Wille und Vorstellung aber gleichgerichtet, ist das Resultat nicht gleich einer Addition, sondern gleich einer Multiplikation.
  4. Die Vorstellung ist lenkbar.

1910 verkauft er seine Apotheke. Mit 53 Jahren ist Coué nun bereit, sich ganz seiner Methode zu widmen. Lucies Mutter ist gestorben, der Vater alt und allein, also ziehen sie nach Nancy, wo Victor Lemoine seinen beiden Töchtern eine Landparzelle an der rue Jeanne d'Arc 186 kauft und darauf ein Doppelhaus mit schönem Garten errichtet.

1911 stirbt sein Schwiegervater Victor Lemoine im Alter von 88 Jahren. Nun beginnt Coué, wie damals Dr. Liébeault, Sitzungen für Ratsuchende zu geben. 15 Jahre lang bis zu seinem Tod wird er dies mit Hingabe tun. Der Zustrom wird so groß, dass er ein einfaches Gartenhaus errichtet, in dem 50-60 Personen Platz finden. Zwei Mal wöchentlich, je zwei Sitzungen morgens und nachmittags von je ca. 1,5-2 Stunden Dauer. Jede Sitzung läuft nach dem gleichen Schema ab.

1913 sendet das Schicksal den 30-jährigen Charles Baudouin in seine Sitzungen. Baudouin hat gerade sein Diplom in Psychologie und Philosophie an der Sorbonne abgeschlossen. Er wird sein treuester Schüler und Anhänger, denn er heilt seine ausbrechende Tuberkulose an sich selbst mit Autosuggestion, die er bei Coué erlernt hat. Ein Jahr später wird er zum Professor für Philosophie an der Universität von Neufchâteau ernannt.

1915 lädt er Coué zu einem Vortrag an seine Universität ein. Coués Entdeckung der Verknüpfung von Autosuggestion und Unbewusstem wird ein voller Erfolg. Baudoin ist hell begeistert. Er nimmt eine Stelle am Institut Jean-Jacques Rousseau in Genf an und bereitet sich auf seinen Doktortitel vor, indem er eine Dissertation über die von Coué ausgearbeitete Methode schreibt. Die Dissertation trägt den Titel "Suggestion und Autosuggestion" und wird als Buch gedruckt und im Schwabe Verlag in Basel verlegt. Baudoin erweitert Coués Gesetzmäßigkeiten um das Gesetz der das Gegenteil bewirkenden Willensanstrengung sowie das Gesetz der Finalität des Unbewussten. Derzeit ist das Buch vergriffen.

1916 Am 5. März erhält Coué eine Einladung vom Präsidenten der Universität Genf, Maurice Dunant - Bruder von Henri Dunant -, für einen Vortrag mit dem Titel "Suggestion und Autosuggestion". Dies markiert den Beginn unzähliger Vorträge in der Schweiz sowie im Ausland. Der Couéismus wird in akademischen Kreisen diskutiert.

Der Erste Weltkrieg tobte in vollem Gange, und in der Schlacht bei Verdun (nahe Nancy) im Jahr 1916 starben 500'000 Menschen.

1918 Zum Ende des Krieges, zählte Frankreich 1,4 Millionen Tote, drei Millionen Verletzte - darunter eine Million Invaliden -, 700'000 Witwen und 800'000 Waisenkinder. Trotz des Sieges war das Land am Boden zerstört.

Coué arbeitet weiterhin ruhig. Er hält seine Sitzungen montags und freitags immer nach dem gleichen Schema ab, beginnend mit dem Vorlesen von Dankesbriefen oder sogenannten unmöglichen Anfragen. Er betont ständig, dass er kein Heiler, sondern nur ein Lehrer ist, der den Menschen zeigt, wie sie sich selbst heilen können. Obwohl Coué katholisch ist, vermeidet er es, über Religion zu sprechen, und seine Methode bleibt vollkommen neutral. Er veröffentlicht sein erstes Buch "Die Selbstbemeisterung". Dieses wird ins Englische übersetzt und findet eine große Anhängerschaft in England und den USA. Nun beginnen die Einladungen aus dem Ausland. Seine ersten Vorträge hält er an der Universität in Eton, wo ihn Hugh Macnaghten mit einem Buch ehrt, betitelt "Emile Coué - der Mann und sein Werk".

1921 erreicht das Buch bereits eine Auflage von 300'000 Stück und wird bis nach dem zweiten Weltkrieg in 20 verschiedene Sprachen übersetzt.

1923 reist Coué auf Einladung nach New York, wo er Vorträge hält. Alle Plätze sind bereits drei Wochen im Voraus ausverkauft. Es beginnt eine große Tournee durch die Vereinigten Staaten. Er wird von Henry Ford persönlich eingeladen, und auch Thomas Edison zeigt Interesse an seiner Methode. Die erste Grammophonplatte mit einer allgemeinen Gesundheitsansprache wird gepresst.

Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Städten wie New York, London, Brüssel, Paris, Wien und Rom entstehen Coué-Institute.

1924 erfolgt seine zweite USA-Reise, die ihn nach Chicago, Los Angeles, Saint-Louis und New Orleans führt. In 50 Tagen legt er 12'800 Kilometer zurück.

Der Berliner Arzt Professor Alfred Brauchle heilt sein jahrzehntelanges Leiden mit der Coué-Methode und veröffentlicht ein Buch darüber mit dem Titel "Hypnose und Autosuggestion".

1925 kehrt Coué in die Schweiz zurück, wo er über 20 Vorträge hält. Dr. Keller, ein Arzt in der berühmten Tessiner Klinik auf dem Monte Verità, lädt Coué ein, auch dort seine Sitzungen abzuhalten.

Nach seiner Rückkehr nach Nancy schreibt Coué sein zweites Büchlein mit dem Titel "Was ich sage", das eine Zusammenfassung seiner Vorträge darstellt.

1926 Der Winter ist hart, doch Coué arbeitet weiter und hält Vorträge. Die Krankheit beginnt mit einer hartnäckigen Erkältung und starkem Husten. Coué schont sich nicht. Es entwickelt sich eine Lungenentzündung, und am 2. Juli 1926 stirbt er im Alter von 69 Jahren. Sein Lebenswerk ist vollbracht.

Die allgemeine medizinische Fachwelt hat ihn nie anerkannt. Seine Methode schien ihnen zu einfach, zu simpel. Er hinterlässt der medizinischen Fakultät von Nancy eine bedeutende Geldsumme, die jedoch nie gewürdigt wird, und niemand nimmt an seinem Begräbnis teil. Coué wird im Familiengrab der Lemoines beerdigt. Mit dem Tod von Emile Coué schließen auch allmählich die europäischen Institute ihre Türen. Nur in New York bleibt eines bis 1950 geöffnet.

1936 wird im Park Sainte-Marie eine Büste von Coué errichtet, nicht weit von der seines Schwiegervaters.

1954 stirbt seine Frau Lucie Coué.

1963 verstirbt Charles Baudoin.

2018 nimmt die Stadt Nancy einen Coué-Rundgang, "auf den Wegen Coués", in ihren touristischen Führer auf. 92 Jahre nach seinem Tod wird Emile Coué wieder zum Leben erweckt.

Zusammengefasst von Ursula Kern, lektoriert von Martin Fischer

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